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Autor: Maik Kunzelmann

Into the Future: aus Maschinenrichtlinie wird Maschinenverordnung

Bild von creativeart auf Freepik

Zu guter Letzt stellt sich noch die Frage, wie denn die Zukunft der Maschinensicherheit aussehen wird. Immerhin ist die Maschinenrichtlinie inzwischen auch schon etwas in die Jahre gekommen und nicht mehr ganz zeitgemäß. Fast 20 Jahre nagen auch hier schon mal an einem Regelwerk.

Daher ist es einfach nur eine logische Folge, dass sich auch die Maschinenrichtlinie in ihren Aussagen und Strukturen an die Anforderungen der Zeit anpassen muss. Dies geschieht, in dem aus einer Richtlinie eine Verordnung wird.

Was ist der Unterschied?

Die Maschinenrichtlinie ist eine Art „Wegweiser“ an die Mitgliedsstaaten der EU, welche in den örtlichen Normen Berücksichtigung (sogenannte „harmonisierte Normen“) und dadurch Rechtsgültigkeit fand. Die Maschinenverordnung dagegen ist ein europäisches Gesetz, dass zwingend und Länderübergreifend umzusetzen ist.

Was bedeutet das für diejenigen, die sich gerade erst mit der Maschinenrichtlinie auseinandersetzen, um die wichtige CE-Kennzeichnung auf standsichere Füße zu bringen? Erst einmal nichts, denn die MVO (EU) 2023/1230 wurde zwar veröffentlicht, verbindlich eingeführt wird sie aber erst am 20. Januar 2027. Bis dahin gilt die MRL.

Allerdings ist das kein Grund, sich zurückzulehnen und alles „so wie immer“ zu machen, denn die MVO birgt den einen oder anderen Aspekt, der von Komponenten- und Maschinenherstellern sehr intensiv vorbereitet werden muss.

Hier einige neue Aspekte der MVO:

  • Das Thema „Cyper Security“ und “Schutz gegen Korrumpierung (Datenklau)“ bekommt einen sehr hohen Stellenwert. Geeignete Maßnahmen müssen da aber erst noch geschaffen werden.
  • Zugänge zu Maschinen und besonders zu gefahrbringenden Produktionsbereichen müssen so ausgelegt sein, dass diese auch mit Rettungsausrüstung zu erreichen sind. Im einfachen Fall kann dies bedeuten, dass Schutztüren die Möglichkeit bieten müssen, Personen mit einer Tragbahre aus dem Risikobereich zu transportieren.
  • Wie wir im letzten Blog gelesen haben, ist die Manipulation der Sicherheitstechnik einer Maschine noch weit verbreitet. Um dies einzudämmen soll die Sicherheitssoftware einer Anlage rückwirkend bis zu 5 Jahren automatisch ein Rückverfolgungsprotokoll führen. Eine reine Passwortsicherung der Software ist dann nicht mehr ausreichend, jede Veränderung wird umfassend dokumentiert.
  • Bisher reichte es aus, die Maschinendokumentation in der Amtssprache des Ziellandes auszuführen, zukünftig kommen noch regionale Aspekte hinzu. So kann es z.B. sein, dass in dem Landesteil von Schleswig-Holstein, wo ein hoher Bevölkerungsanteil Dänisch – sprachig ist, die Dokumente entsprechend verfasst werden müssen.
  • Bei Serienprodukten reichte bisher eine einmalige Prüfung aus und diese wurde als Referenz für die anderen baugleichen Produkte übernommen. Nach Einführung der MVO sind die Prüfungen stichpunktartig zu wiederholen.
  • Müssen Maschinen- oder einzelne Komponenten zurückgerufen, bzw. ausgetauscht werden, so muss eine (wohl noch zu schaffende) nationale Behörde über den Vorgang und die Sicherheitsrisiken informiert werden.

Fazit:

Keine Panik! Wer sich heute mit der Maschinenrichtlinie auskennt, ist generell schon einmal gut für die Zukunft gerüstet. Trotz allem birgt die Maschinenverordnung noch einige neue Aspekte, die heute, kurz nach der Veröffentlichung der MVO, noch gar nicht vorhanden sind, so dass diese umgesetzt werden können. Also gilt es, sich mit der MVO zu beschäftigen, zu planen und zu überlegen, welche Maßnahmen in die Wege geleitet werden müssen, damit man später, am 20. Januar 2027, keine Überraschungen erlebt.

Die 3 Aspekte der Maschinenrichtlinie – Sicherheit geht vor!

Schon gewusst?

  • Im Jahr 2021 gab es in deutschen Betrieben 730.516 Arbeitsunfälle, davon 269 tödlich (Quelle: DGUV).
  • 2006, das Jahr der Einführung der Maschinenrichtlinie, waren es 1.047.516 Arbeitsunfälle und davon 941 mit tödlichem Ausgang (Quelle: Bundesamt für Arbeit und Soziales)
  • Laut einer Umfrage der DGUV im Jahr 2022 sind 27,2% der in deutschen Betrieben eingesetzten Maschinen manipuliert.
  • Die gleiche Umfrage gibt an, dass 50,7% der zuständigen Vorgesetzten von den Manipulationen wussten.

Obwohl die Unfallzahlen seit 2006 erheblich sanken, sind sie immer noch zu hoch. Besonders erschreckend ist, dass die Zahl der manipulierten Maschinen bei über ¼ aller Maschinen liegt. Aber warum? Schauen wir uns einmal 3 Aspekte der Maschinenrichtlinie an, die, wenn sie umgesetzt werden, erst gar nicht die Frage aufkommen lassen, die Schutzeinrichtungen zu verändern.

1. Die Bedienung der Maschine muss auf den/die Anwender zugeschnitten sein.

 Es ist schon ein großer Unterschied, ob die Bedienung der Maschine durch eine ausgebildete Fachkraft oder den „Dorfdeppen“ erfolgt, daher muss schon zum Start der Konstruktion bekannt sein, welche Voraussetzungen hier zu berücksichtigen sind. Überforderte Bediener neigen dazu, sich die Arbeit einfacher zu machen, in dem sie an der Maschine Manipulationen durchführen.

Beispiel: Wenn der Bediener häufig in den Verfahrensprozess der Maschine eingreifen und dazu durch eine Schutztür gehen muss, wird er auf kurz oder lang die Sicherheitstechnik der Tür überbrücken, um seine Arbeit „schneller erledigen“ zu können.

Deshalb verlangt die MRL, durch auf den Anwender zugeschnittene Schulungen und Bedienkonzepte, den Wunsch zur Manipulation erst gar nicht aufkommen zu lassen.

2. Die Sicherheitstechnik integriert sich vollständig in den Arbeitsprozess und fällt gar nicht besonders auf.

 Eine Sicherheitstechnik, die nicht auffällt, aber ihre Funktion erfüllt, ist immer noch die Beste, denn sie ist vollständig in die Abläufe an der Maschine eingebunden und keine Sonderfunktion. Dies kann z.B. ein Sicherheits-Lichtvorhang sein, der gewährleistet, dass die Maschine keine gefahrbringende Bewegung ausführt, wenn der Bediener zum Bauteilwechsel die Maschine erreicht. Die Kombination aus Lichtvorhang und Abstand vom Vorhang zur Maschine erfüllt hier nicht nur einen Sicherheitsaspekt, sondern erleichtert gegenüber einer überwachten Schutztür mit Zugangssteuerung den Arbeitsprozess.

3. Sicherheitsfunktionen sind eindeutig zugeordnet und lassen im Notfall keine Fragen offen, was zu tun ist.

 Stellen Sie sich einmal vor, Sie haben eine Fertigungslinie mit mehreren Maschinen und jede Maschine hat einen eigenen Not-Halt. Sie sehen eine Gefahr für einen Kollegen an einer Maschine und wollen den Not-Halt auslösen. Aber welchen? Bis Sie sich in dieser Stress-Situation entschieden haben, ist es längst zu einem Arbeitsunfall gekommen.

Dieser Fall darf nicht eintreten! In dieser besonderen Situation ist schnelles Handeln erforderlich. Wenn man aber erst noch überlegen muss, was zu tun ist, kann dies sehr schnell zu einer falschen Reaktion führen, die schlimmstenfalls genau das Gegenteil erreicht.

Auch darf das sichere Stillsetzen eines Anlagenteils nicht zu einer Gefährdung durch eine andere, verkettete Maschine führen.

Dies sind nur 3 Aspekte der Maschinenrichtlinie, die die Maschinenbedienung betreffen, aber 3 wichtige Punkte. Es macht also Sinn, als Konstrukteur schon das Umfeld und den Aufstellungsort beim Anlagenbetreiber zu beleuchten. Denn nur Maschinen führen dazu, nicht manipuliert zu werden, wenn sie sich sicher und dadurch auch effektiv betreiben lassen.